Mit dem Aufkommen von Elektro- und H2-LKW ergeben sich neue Mรถglichkeiten fรผr die Dekarbonisierung im Schwerlastverkehr. Technologische Fortschritte machen es mรถglich, dass E-LKW Kurz- und selbst Mittelstrecken ohne lokale Schadstoffemissionen abdecken kรถnnen. Einige findige Truck-Hersteller arbeiten bereits an ersten E-LKW fรผr Langstrecken: Zudem bieten Wasserstoff-LKW schon heute die Mรถglichkeit, Diesel-LKW zu substituieren.
Beim รbergang zum nachhaltigen Gรผterverkehr sind aber nicht nur die Hersteller, sondern auch die Gesetzgeber und die Unternehmen gefragt. Letztere sorgen nun mit einer neuen Koalition fรผr Hoffnung im Sinne eines schnelleren รbergangs zu Elektro- und H2-LKW: Die neu gegrรผndete European Clean Trucking Alliance (ECTA) vereint mehr als zwanzig Hauptakteure im Gรผterverkehr auf europรคischen Strassen. Darunter befinden sich DHL, IKEA, Contargo, Unilever und Nestlรฉ. Die Allianz fordert nichts anderes, als die raschere Dekarbonisierung schwerer Nutzfahrzeuge voranzutreiben.
Fรผr die innereuropรคischer Klimaziele ist das unumgรคnglich. Auf den Strassen Europas sind rund 6,6 Millionen Trucks im Einsatz. Sie transportieren 76,7% aller Frachten an Land. Sollen die Klimaziele bis 2030 erreicht werden, mรผssen die CO2-Emissionen des Schwerlastverkehrs um mindestens 30% sinken. Vor diesem Hintergrund mรถchte die ECTA zukunftssichere Gesetzgebungen, Programme und Initiativen forcieren.
Dafรผr stellt sie der EU und nationalen Gesetzgebern Positionspapiere bereit und gibt mรถgliche Praktiken bekannt. Fรผr eine wissenschaftlich fundierte Herangehensweise sorgt die Zusammenarbeit mit dem renommierten International Council on Clean Transportation (ICCT). Von der EU selbst fordert die ECTA eine klare Roadmap und Ziele fรผr den Gรผtertransport sowie Trucks bis 2050. Darin sollen nebst Langstreckentransporten auch Ladepunkte und -Infrastrukturen berรผcksichtigt werden. Dabei spielen nicht nur รถffentliche Ladesรคulen eine Rolle, sondern auch solche fรผr Logistik Hubs. Also quasi ยซDestination Chargingยป fรผr Logistiker.
Gerade was Ladetechnik fรผr E-LKW angeht, gehen diese Forderungen momentan รผber den Stand der Technik hinaus. Neue Ladestandards fรผr E-Trucks im Hรถchstleistungsbereich mit รผber 350 kW befinden sich seitens der Fahrzeug- und Ladetechnikhersteller noch in Arbeit. Dennoch ist das Ansinnen der ECTA bereits jetzt รคusserst sinnvoll, da eine ausgebaute Infrastruktur fรผr die Verbreitung von E-LKW kรผnftig ebenso wichtig ist wie fรผr elektrische PKWs. Eine erhรถhte Nachfrage nach Ladetechnik bรถte auรerdem Leistungselektronik-, Verbindungstechnik- und Sรคulenherstellern mehr Anreize, um sich zu engagieren.
Forcieren will die ECTA auch die direkte, finanzielle Unterstรผtzung von Unternehmen, die Nullemissions-Fahrzeuge beschaffen. Wie diese Unterstรผtzung genau aussehen soll, ist derzeit zwar noch unklar, einige EFTA-Staaten bieten aber schon heute Anreize: In der Schweiz profitieren Einsatzbetriebe von E-LKW beispielsweise von der Befreiung der leistungsabhรคngigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA), was die variablen Betriebskosten deutlich senkt.
Die ECTA fordert auรerdem neue CO2-Grenzen fรผr schwere Nutzfahrzeuge, die im Einklang mit den revidierten Klimazielen der EU stehen sollen. Gleichzeitig mรผsse das Angebot an emissionsfreien LKW, an denen es angeblich mangelt, ausgebaut werden. Die letzte Forderung der ECTA bezieht sich auf die bevorstehende EU-Batterieverordnung. Diese soll die nachhaltige Herstellung und Rohstoffbeschaffung sowie das Recycling berรผcksichtigen. Das kรถnnte sich dann wiederum auf die Hersteller von Batteriezellen auswirken. So sollten die Batterien leicht zerleg-, reparier und wiederverwendbar sein.
Betrachtet man die Forderungen der ECTA, darf man gespannt sein, ob diese bei den Gesetzgebern verfangen. Im Hinblick auf ihre Mitglieder, ist der Vereinigung durchaus einiges zuzutrauen. So beschรคftigen sie mehr als 1,6 Millionen Menschen bei einem kumulierten Umsatz von 325 Milliarden Euro, was ungefรคhr dem BIP von Dรคnemark entspricht. Auch die Herangehensweise scheint die Richtige, denn mit dem Ausbau der Ladetechnik kรถnnte ein Henne-Ei-Problem gelรถst werden: Ist es erst mรถglich, flรคchendeckend ausreichend schnell zu laden, wรคre dies ein Anreiz fรผr den Betrieb von Mittel- und Langstrecken-Trucks. Ob Ladeinfrastrukturen bei Logistik- Hubs im Falle einer Fรถrderung proprietรคr bleiben oder auch fรผr Dritte nutzbar wรคren, ist allerdings noch eine offene Frage.
Was Fรถrderungen neuer LKW betrifft, so kรถnnten sich diese an den nachgewiesenen Mehrkosten รผber die Nutzungszeit orientieren. Dabei bleibt das Schweizer Modell sinnvoll, weshalb die Befreiung der LSVA unbedingt lรคngerfristig fortgefรผhrt werden sollte.
Alles in allem ist die Grรผndung der ECTA sehr erfreulich und das nicht zuletzt, weil es sich um eine Initiative von Abnehmern handelt. Und wer weiss โ vielleicht ist die elektromobile Zukunft oder die von Wasserstoff-Trucks nรคher, als man denkt.