«Automation und Künstliche Intelligenz können Ressourcen freisetzen, die für andere Aufgaben zur Verfügung stehen»
Nächstes Jahr feiert Fabian Wyssmann das fünfjährige Bestehen seiner Agentur. Der Marketingprofi und Gründer von Wyssmann LLC spricht im Interview über menschliche Stärken und Künstliche Intelligenz – und er verrät, wo er seine besten Einfälle hat.
Fabian, worüber zerbrichst du dir gerade den Kopf?
Ich überlege mir, wie wir uns als etablierte Agentur weiter verbessern können. Im Marketing ist vieles in Bewegung. Das Handwerk verändert sich nicht grundlegend. Doch die Art und Weise, wie wir Wirkung erzeugen, ist eng verknüpft mit aktuellen Entwicklungen in der Digitalisierung. Wir beobachten den Markt, sprechen mit unserem Netzwerk, mit Partnern und Softwarelieferanten, und sehr wichtig: Wir setzen uns mit unseren Kunden an den Tisch und hören aufmerksam zu. Aus den Erkenntnissen schöpfen wir die nötigen Zutaten, um uns zu verbessern. Ich denke, das ist die Basis unseres Erfolgs.
Wie hat sich das Marketing aus deiner Sicht verändert?
Schaue ich zurück, glaube ich, dass es uns gelungen ist, frischen Wind ins Nachhaltigkeitsmarketing zu bringen. Auffallend ist auch die zunehmende Automatisierung und die Entwicklung im Bereich der Webanalyse. Das alles hilft, das Verhalten potenzieller Kunden einzuschätzen und sie auf dem Weg zum Geschäftsabschluss zielgerichtet zu begleiten. Zentral ist auch die Frage, wie man als Unternehmen an Reichweite gewinnen kann. Im B2C-Bereich haben sich die Kanäle in den letzten Jahren weiter diversifiziert. Die Wahl der Plattform ist unter anderem von der Frage abhängig, welche Generation man mit seinen Botschaften erreichen möchte. Unabhängig der Aufgabenstellung: Automation, aber auch KI können Ressourcen freisetzen, die dem Unternehmen für andere Aufgaben zur Verfügung stehen.
Du sprichst die Künstliche Intelligenz an. Welchen Einfluss hat sie im Agenturalltag?
KI-Tools setzen wir dort ein, wo sie uns repetitive Arbeit erleichtern. Um Fehler zu vermeiden und effizient voranzukommen, bewähren sie sich bei der Programmierung und dem Testing von Websites. Auch bei der Erstellung von strukturierten Texten, wie sie beispielsweise für Google Ads oder in der Suchmaschinenoptimierung gefragt sind, leisten sie uns wertvolle Unterstützung. Uns ist es ein Anliegen, die Nutzung von KI transparent zu machen. Darum deklarieren wir unseren Kunden gegenüber KI-generierte Inhalte als solche.
Wo stösst KI an ihre Grenzen?
Künstliche Intelligenz arbeitet mit bereits Vorhandenem. Allem Hype zum Trotz: Eine KI schafft aus sich selbst heraus nichts Neues. Dazu braucht es den Menschen. Denn wahre Kreativität basiert auf menschlichem Austausch, Empathie und dem Mut, neue Wege zu gehen. Der Kontakt von Mensch zu Mensch und was daraus entstehen kann, ist – hoffentlich – durch keine Maschine ersetzbar. Daran wird sich über kurz oder lang nichts ändern.
Wyssmann LLC kommuniziert für Cleantech-Unternehmen, die MEM-Industrie, aber auch KMU aus der Region. Was spricht diesbezüglich für eure Anpassungsfähigkeit?
Losgelöst von der Branche sehe ich eine unserer Stärken darin, Strategien ins Operative zu übertragen. Dabei entscheiden die vorhandenen Mittel sowie Ambitionen und Ziele des Kunden über das Vorgehen. Unsere Rolle passen wir den Kundenbedürfnissen an. Unsere Begleitung ist mal enger, mal weniger eng, und wir zielen darauf ab, mit dem Vorhandenen das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Dabei richten wir unsere Aufmerksamkeit neugierig über den Tellerrand hinaus. Das heisst, wir behalten nicht nur den Marketingbereich im Blick. Gerade in Firmen, in denen stark digitalisiert wird, ist die Schnittstelle zur IT sehr wichtig. Um kommunikativ Wirkung zu erzeugen, dürfen wir keinesfalls in Silos denken.
Was fehlt in der Marketing-Strategie deiner Kunden?
Im Marketing müssen oft Grundlagen und Klarheit geschaffen werden. Beispielsweise macht es Sinn, sich um die Positionierung oder das Corporate Design zu kümmern, bevor man sich über das Design der Website den Kopf zerbricht oder sich Gedanken macht, wie die Werbung für Produkte oder Dienstleistungen auszusehen hat. Wer zuvor ein Fundament errichtet hat, baut schneller, höher und für die Zukunft. Im Unternehmen beginnt das bereits bei der Vision. Verfolgt eine Firma einen höheren Zweck anstelle des reinen Shareholder Values, kann das nicht nur sinnstiftend für Mitarbeitende sein, sondern auch wertvoll fürs Marketing. Ein Beispiel: Bei einem Aufzughersteller ist das Produkt auf den ersten Blick «nur» ein Lift. Für einen Nutzer wie einen Rollstuhlfahrer aber die einzige Möglichkeit, Zugang und Teilhabe zu erfahren. Auch Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge ist für uns mehr als nur ein Gehäuse mit Elektrotechnik. Sie ist der Schlüssel zur emissionslosen Mobilität und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Für uns ist es erfüllend, wenn wir bei unserer Arbeit den Kundennutzen herausschälen und in den Vordergrund rücken können.
Wenn du weiterdenkst: Wohin wird sich die Agentur entwickeln?
Das Unternehmen soll sich vor allem qualitativ und technologisch weiterentwickeln. Ich wünsche mir zudem, die Arbeit auf mehr Schultern verteilen zu können. Bei grösseren Projekten nehmen wir auch unsere Netzwerkagenturen ins Boot. Für jede Aufgabe soll die erfahrenste Person zum Einsatz kommen. So können wir das Angebot in jenen Bereichen ausbauen, in denen Potenzial für unsere Kunden schlummert. Der Agenturfokus auf Nachhaltigkeit bleibt zudem zentral. Selbstverständlich beziehen wir zu 100 % Buchsi-Strom. Mit einer Beteiligung an einer Photovoltaikanlage wollen wir einen Schritt weitergehen. Auch die Server unseres Webhosting-Partners werden mit erneuerbarer Energie betrieben. Für Drucksachen verlassen wir uns auf unseren lokalen Partner, die Druckerei Schelbli. Wir wollen unseren Fussabdruck bei der Agenturarbeit klein halten, was nicht immer leichtfällt: Die besten Ideen kommen mir beim Duschen. Ich gebe mir dennoch Mühe, dies nicht zu lange zu tun. (lacht)