Raphael, Du steigst jetzt bei Wyssmann LLC als Mitinhaber ein. Wie sieht Deine Vorgeschichte aus?
Fabian und ich sind im gleichen Ort aufgewachsen, stehen aber erst seit drei Jahren in Kontakt. Da haben wir angefangen, kleinere Projekte gemeinsam zu bearbeiten. Im Herzen bin ich Techniker. Als studierter Wirtschaftsinformatiker fühle ich mich im Programmcode zuhause – meine Stärke liegt in der Entwicklung und Umsetzung technischer Lösungen. Ich entwickle Websites und webbasierte Anwendungen von der ersten Idee über die Umsetzung bis hin zur Vermarktung. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Suchmaschinenoptimierung, welche ich während den vergangenen sieben Jahren am eigenen Online-Shop sehr gut einsetzen konnte.
Während dieser Zeit habe mich neben Online Marketing intensiv mit der Entwicklung und Optimierung von Schnittstellen beschäftigt, um klassische Geschäftsprozesse zu automatisieren. Mein Fokus lag darauf, Systeme nahtlos zu vernetzen und Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. Dabei ging es nicht nur um Websites, sondern auch um weiterführende IT-Projekte, wie die Entwicklung einer Planungssoftware zur Abwicklung von Serviceaufträgen. Durch die gezielte Automatisierung konnten Prozesse optimiert und manuelle Arbeitsschritte reduziert werden – ein entscheidender Faktor für die Skalierbarkeit und Effizienz eines E-Commerce-Unternehmens.
Was schätzt Du besonders an eurer Zusammenarbeit?
Es passt einfach in menschlicher Hinsicht. Wir sind verschieden, teilen allerdings die gleichen Werte. Als technischer Spezialist war es für mich zudem schwieriger, bestimmte Projekte zu akquirieren. Dank dem gesamtheitlichen Ansatz der Agentur und deren Netzwerk gelingt das jetzt deutlich besser. Marketing war auch für mein freiberufliches Schaffen wichtig, weshalb ich hier Kontextwissen mitbringe. Da Fabian diesen Bereich abdeckt, kann ich mich aber vermehrt auf die IT konzentrieren.
Warum habt ihr euch gerade jetzt zusammengeschlossen?
Ich habe mich vor etwa acht Jahren im Bereich eCommerce selbständig gemacht. In einem Projekt habe ich eine automatisierte Fulfillment Infrastruktur mit Anbindung an ein Warenwirtschaftssystem aufgebaut. Dabei habe ich gleich mehrere Shops miteinander verbunden. Da gehörte eben auch Marketing dazu. Als Fabian mir den Einstieg als Teilhaber und Partner angeboten hat, war ich gerade dabei, wieder vermehrt ins Agenturgeschäft einzusteigen. Da war die Idee bestechend, seine Expertise nutzen zu können, um mich den technischen Aspekten meiner Arbeit zu widmen.
Am meisten Freude haben mir schon immer technische Herausforderungen bereitet, wie das Fulfillment Tool. Daraus hat sich das Angebot meiner früheren Agentur Wundernetz entwickelt, mit der ich diese Leistungen auch extern angeboten habe. Die Kunden werden nun durch Wyssmann LLC nahtlos weiterbetreut. Dabei profitieren sie auch von der erweiterten Expertise.
Gibt es eine strikte Trennung der Aufgaben bei der Vermarktung durch Fabian und die Technik durch Dich?
In der Beratung sind wir gemeinsam tätig. In der Umsetzung der Projekte greift unsere Aufgabenteilung. Das ist einfach am sinnvollsten, wobei es viele Schnittstellen gibt, da die Digitalisierung im Marketing laufend voranschreitet. Gefühlt hat das auch damit zu tun, dass Marketer gegenüber neuen Technologien sehr aufgeschlossen sind und oft zu den Early Adoptern von Technologien zählen.
Als ich Fabian wegen der Weiterentwicklung von Wundernetz um Rat gefragt habe, hat er mir ein Kooperationsangebot unterbreitet, das für uns beide viele Vorteile hat. So können wir die Verantwortung besser teilen. Und wir gewinnen beide etwas mehr Freizeit. Wir haben in den vergangenen Jahren kaum Urlaube gemacht, in denen wir länger als zwei Tage nicht erreichbar waren.
Das Schöne ist, dass es mit unterschiedlichen Profilen sehr viel einfacher ist, zusammenzuarbeiten. Wir standen zuletzt schon im täglichen Austausch. Zudem sind bei Wyssmann LLC schon zahlreiche Strukturen geschaffen worden. Es ist sehr hilfreich, eine funktionierende Prozesslandschaft vorzufinden.
Ihr setzt mit dem Zusammenschluss auf Synergieeffekte, welche weiteren Ziele habt ihr euch gesteckt?
Natürlich haben wir eine Umsatzsteigerung im Blick, die wir erreichen wollen. Noch spannender ist allerdings die Frage, was wir gemeinsam im Bereich der Produktentwicklung unternehmen wollen. Die Ausrichtung der Agentur hat ja klar den Bereich Cleantech im Fokus und das Thema Nachhaltigkeit. Ein eigenes Produkt, sei es physischer Natur oder eine Softwarelösung, könnte ebenfalls ein wichtiger Beitrag sein, um diesen Fokus zu verfolgen. Wir haben viele Ideen, bis hin zu Widgets oder ganzen Applikationen, die einen Mehrwert bieten. Dies gemeinsam entwickeln zu können ist einer der grössten Vorteile davon, dass man nicht mehr allein arbeitet. Aber im Fokus steht zunächst das Projektgeschäft.
Wird denn der Fokus auf Cleantech und Nachhaltigkeit auch verändert?
Das Thema stellt für uns beide eine wichtige Basis dar. Ich habe aus dem eCommerce ebenfalls einen entsprechenden Hintergrund, zumal ich mit nachhaltigen Produkten gehandelt habe. Das passt auch sehr gut zu meinen bisherigen Kunden, die wir auch weiterhin betreuen. Aber es geht zum Teil eben auch über den reinen Cleantech-Bereich hinaus. Wir stehen auch mit sozialen Institutionen in Kontakt. Soziales Engagement und Nachhaltigkeit hängen sehr eng zusammen.
Ist ein weiteres, vielleicht auch personelles Wachstum der Agentur geplant?
Wir streben organisches Wachstum an, sind uns aber beide darin einig, dass wir nicht Dutzende von Mitarbeitern haben wollen. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Netzwerkagenturen und Freelancern zusammen. Wir sind schon jetzt ein grösseres Team in der Zusammenarbeit als nur die beiden Agentur-Inhaber. Unternehmerisches Denken und Handeln und maximaler Kundenfokus geniessen in unserem Netzwerk zudem einen hohen Stellenwert.
Wir bearbeiten bislang drei sich überschneidende Segmente, auf die wir uns auch weiterhin konzentrieren. Da ist die Region Oberaargau mit verschiedenen KMU – darunter viele aus der MEM-Branche. Dann gibt es den grösseren Bereich Cleantech. Hier sind wir tatsächlich national aufgestellt. Und dann gibt es den dritten Bereich mit sozialen Einrichtungen, auch dieser ist eher regional und befindet sich im Aufbau. Ausserhalb der Schweiz suchen wir nicht aktiv nach Kunden. Allerdings betreuen wir auch exportorientierte, Schweizer Unternehmen. Dabei kommt uns zugute, dass das Team auch sprachlich divers aufgestellt ist und internationale Erfahrung mitbringt.
Worauf freust Du Dich jetzt bei eurer Zusammenarbeit am meisten?
Dass ich mich nicht mehr selbst um die Buchhaltung kümmern muss, zumal Fabian als Betriebsökonom hier versiert ist. Ausserdem ist es schön, dass man in schwierigen Situationen gemeinsam auftreten und sich gegenseitig unterstützen kann, das macht vieles leichter: Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.